rosenmontag in köln: identitätsbesorgte gegen weniger.

ich war pünktlich um viertel nach acht am severinstor bei  den pappnasen  rotschwarz, einer ich denke linksalternativen aktion, die sich gerade aufstellten mit schildern und fahrradgezogenen wagen. katharina,  die zugleiterin, fragte, zu welcher gruppe ich gehöre, um mich irgendwie auf ihrem klemmbrett zu orten. verstand dann aber schnell, dass ich zu keiner gehöre. und gehören will.

es füllte sich, ingrid und herbert s. kamen mit ihren fotoapparaten und irgendwann ging was vorwärts, so fünfzig meter. ich stand dann eine weile zwischen den zum grossen teil auch schon in die jahre gekommenen piraten mit ihrem feinen segelboot und den liebevoll gestalteten, vielleicht über jahrzehnte gewordenen piratenkostümen. dreispitz, pistolen, säbel, goldenes gebaumel. nicht wissend, ob die jetzt was mit dem linksalternativen karneval zu tun haben. es fing an zu regnen und nichts ging weiter, keine pappnase kam nach  und ich machte mich einfach allein auf den  weg, die strassen noch erstaunlich wenig gesäumt und die üblichen wenigerwas, wenigeristmehr usf. zurufe von der seitenlienje..

und landete schliesslich wie von selbst auf meinem angestammten platz auf der schildergasse. viele gespräche, werde viel fotografiert, nette obrigkeit neben mir. die überall in vierergruppen, meist noch die sternlosen, ganzjungen.

nach einer ewigkeit, die schildergasse säumt sich zusehends, eine eu-freunde-gruppe, alle im sternenbanner gewandet, balddanach dann meine piraten, manche altersgebrechlich schon, im rollwagen mitgezogen. wiederspäter eine rechtgrosse blechblastruppe die, ich wollts nicht fassen, die internationale schmettern, naja, eher spielten.  und dann meine rotschwarzen, in die ich mich dann hier einreihen möchte, ein junger netter spricht mich an, freut sich, mich einzusortieren, das passt ja toll, sagter. ich geh aber nochmal zu katharina für die offizielle absolution. geh zu den widerständigen sagt sie und ich lass den zug passieren, finde meinen ort nicht auf die schnelle. bin schliesslich das ende des zuges, kein so schöner platz aber ich probiers erstmal hinten dran. vor mir wilde kostüme in baum und blume und  in wilder bewegung auch und als vorletzter ein schmaler,  typ mit fuchsspitzem, abgehärmten gesicht, dickbebrillt, dem es erkennbar nicht gut geht. das braune haar hat er hinten zum eher schütteren zöpfchen gedreht, im braunen vintage-stoffmantel mit anti afd stickern drauf unterwegs. er tauscht sich irgendwie mit einer baumblumenfrau vor sich aus, offenbar in meine richtung und fängt an, mir in den weg zu gehen, wenn ich rechts vorbeiwill geht er rechts, wenn ich links gehe, blockiert er mich links. ich sag, hast du was mit mir, er sagt nichts und macht weiter sein spiel, ich lege ihm ganzsanft die hand auf den arm und frage nochmal, er: das  kannst du kriegen und pseudohysterisch, nicht anfassen! wie sie das so machen, damit sie dir dann  eine reinhaun können. zischt: verpiss dich! und da bin ich sicher, dass ich den club der widerständigen getroffen habe.  mit  miesepetrigen clowns  wie ich sie aus lützerath nurzugut kenne.  und die mich eben. identitätsbesessene. denen man nicht mit “weniger. dicken” und “weniger. genderstalinismus” kommen darf. auch wenn doppelt soviele leute an ihren fetten bäuchen sterben wie hungers heute und ich unbedingt die freiheit haben will, nicht zu gendern, wenn ich das will. ist schwer verstehbar, wieso sie sich über worte erregen, gleichzeitig aber aktivisten der eigenen reihen gewaltsam  angehen. ein missverhältnis, was ich auch bei der letzten generation sehe. ich kann nicht gleichzeitig leute mit blockaden nötigen,  in identitätsdingen aber allzeit das feine chinesische porzellanpüppchen raushängen lassen. womit ich nichts gegen blockaden gesagt habe.  ich denke dann, bevor ich mich jetzt mit dem clown öffentlich rumschubse mach ich lieber den abgang, überlege eine sekunde, ob ich mich bei katharina beschwere, biege dann aber auf eine seitenstrasse ab. tja, ich muss wirklich pissen.

erhellend zum thema  identitätsbesorgte gegen weniger. u.v.a. tagebuch 21.11.22 “wiederveröffentlichung 1 + 2”, 23.5.21 “rausgeschmissen”, 2.9.2020 “wider die sprachverdächtiger” usf.
solidarität geht anders…

 

 

mnmmn