lützerath ist geschichte

bin drei tage mit dabei. freitag sind nur die unermüdlichen unterwegs auf den vier kilometern strasse von keyenberg nach holzweiler, die etwa parallel zur abbruchkante läuft. linker hand ein gutes stück wiese und feld und dann die abbruchkante zu ahnen und die reste vom dorf  lützerath zu sehen. alle paarhundertmeter ein landwirtschaftlicher weg straks richtung kante. einladung für demonstranten und achillesferse der öffentlichen verteidigungsmacht. der ort ist abgeriegelt,  ein zaun steht und noch ein paar bäume zwischen den paar häusern.

bin mit meinem gelben tretauto gekommen, habe die zweite pedalerie und den beifahrer:innensitz ausgebaut und den schlafsack  auf meiner pritsche ausgebreitet, für den übernachtungsfall.

ich marschiere die vier kilometer hin nach holzweiler, mache station am grossen gelben “X” der mahnwache und treffe den malerwagen wieder, wo sie kleine bilder der schreckensgeschichte fabrizieren, wie schon seinerzeit im hambi. ich glaube, sie verkaufen die auch. es ist kalt und sehr windig,  aber so gut wie trocken, ich laufe mich warm, in the middle of the road, das  weniger.  vor der brust haltend. und verschwinde doch wieder richtung heimat, bevor es nacht wird.

am samstag schüttet es, als ich ankomme, hat wind und kälte dazu. also richtig sch:lechtwetter in keyenberg. und wie das kleine elektrische tretauto regen, wind und kälte absolut nicht abkann, ist auch meine laune entsprechend zerzaust. strömende menschenmassen, auweia, lieber zurück ins schnecken haus… but so what. der zug im schnecken tempo und ich schere bald in nebenstrassen aus, stapfe tapfer über die felder, im knöcheltiefen matsch so zügig wie möglich zur bühne vor. ahne im näherkommen die allfälligen sprechblasen der verdienten redner und rednerinnen von greenpeace undsoweiter, höre eine sich mitunter überschlagende stimme einer moderatorin, sehe schliesslich die stummen bewegungen der gehörlosendolmetscherin. geh vor bis zur bund-scharf bewachten presseschleuse direkt vor der bühne. treffe gute  freund:innen und mache mich lang vor der dämmrung wieder davon. weil dunkelheit und regen im twike: fast-blind-flug bedeutet.

und es ward abend und es ward morgen, ein neuer tag. im radio hörte ich abends vom sturm mehrerer tausend leute auf die kante und den auseinandersetzungen mit der ordnungsmacht. und eigentlich wollte ichs bei freitag und samstag belassen mit meinen auftritten, habe aber dann doch am dienstag, nach dem endgültigen sieg der staatsmacht im ort das gefühl, noch einmal abschied nehmen zu wollen. im kleineren kreis und bei sonnenschein. trotz “aktionsbündnis lützerath unräumbar”, das seine trommel für den tag rührte.

der kleinere kreis dann so vielleicht wackere fünfhundert. aus lautsprechern musik, die mir gefällt, trotte mit schild, sonnenbeschienen, hinterher , in the middle of the road. und was erwartbar ist für eine demo des “aktionsbündnisses lützerath unräumbar” geschieht, sie kommt scharflinks und im galopp vom rechten pfade ab. die spitze des zuges, greta mittendrin,  entschwindet bald und im staatsmachtgetümmel oben hinter der anhöhe, der hintere, auch mit einigen älteren durchsetzte teil, gerät auf halber wiese, vor einer halben hundertschaft und einer ganzen pferdestaffel,  ins stocken. ich mache den schluss und erlebe ein wenig vor und zurück, durchsagen, verhandlungen mit den kontaktleuten und schliesslich ein doch friedliches weichen zurück zur strasse.

und um halbvier mach ich wieder ab, ende eines abschieds.
bleibt bei mir einerseits eine zuversicht. viele kamen, zu winterszeit, bei kälte, sturm, regen.
und auch ein gewisses befremden gegenüber der zimperlichkeit einiger offizieller gesichter, wenn es um die eigene befindlichkeit der staatsmacht gegenüber ging. bei einer gleichzeitigen einäugigkeit derselben leute, wenn es um das gewaltpotential in den eigenen reihen ging. aber wie sagt schon harari, der universalist: revolutionen wurden bisher nicht von der masse der wohlgesinnten gemacht. wohl aber von ein paar gut organisierten. und darin liegt auch die tragik von hambacherforst, lützerath und anderen  “kämpfen”: dass uns auch “aktivisti” die klimakartoffeln aus dem feuer holen, deren agenda durchaus sektiererisch und illiberal sein kann. und die die meisten nicht so gern an ihrem sonntagskaffeetisch haben wollten.

 

 

nnbn