kneitlingen liegt nichtweit von braunschweig oder wolfenbüttel. dem namen nach, vermutet mann, hat sich ein schwabe hierher verirrt. der monolith, der den fahrenden am ortseingang empfängt, sagt allerdings noch etwas anderes. kneitlingen sei als odonheim 888 gegründet worden. damit wäre es noch ein gutes stück älter als das schon über 900 jahre alte wolfenbüttel.
es war eine meist angenehme und warme fahrt, die 70km von hildesheim. und schon am eingang von eilum kneitlingen ein grosses schild lindenhof. ich cruise etwas durchs schmucke dorf und beim zweiten vorbeifahrn bleibe ich in einer langen parktasche, dem lindenhof direkt gegenüber. keine paar minuten, da kommt schon kathrin rüber, fragt freundlich und interessiert nach dem wohin, woher und warum und klärt umgehend mit den kommunarden, dass ich erstens da stehenbleiben kann und zweitens direkt mit abendessen soll.
ein leckeres veganes reis gemüse gericht erwartet mich. und eine recht kleine runde, weil die abendessenszeit schon vorbei ist. ich erfahre, dass in der gemeinschaft das abendessen der termin ist, an dem sich die kommunarden, wie ich verstehe, obligatorisch, zusammensetzen zum täglichen austausch. ilse ist seit 30 jahren am ort, halbiert routiniert tomaten in eine riesentonne und probiert urlaubsmässig berg und meer aus, nach tirol, zuletzt, gehts samstag an die nordsee. vielleicht hilfe zu einer prinzipiellen richtungsentscheidung, nach 30 jahren am ort. daniel, noch jung und doch profimusiker im ersten leben, seit sieben jahren am ort und macht jetzt mit drei anderen die grosse bio gartenwirtschaft, die auch als solawi ausgerichtet ist. hat sich eine geige gekauft, will neben gitarre, klavier, posaune nun die geige fideln. und kathrin, noch nicht solange da und sehr rührig in ihrer verantwortung für einen, wie ich am morgen dann sehe, grossen, hellen, perfekten hofladen. mitten in der prärie.
aber natürlich führt am double kein weg vorbei. gemeinschaftsbesuch plus stehen in den städten. ich suche im hofladen rat, braunschweig oder wolfenbüttel, kilometermässig tut sich da nicht viel. und die einhellige meinung von tanja an der kasse und einer freundlichen kundin: wolfenbüttel soll das rennen machen. und tatsächlich, der weg führt mein simplon schön durch weites geerntetes land und sanfte hügel, die äpfel der streuobstwiesen teils schon geniessbar, links der kleine asseberg (ja, atomkraft nein danke), rechts der kleine hopfberg. und gut, dass ich das navi dabeihab, ist doch ein rechter zickzack.
heiss ist es wieder und der wbüttler nicht so gesprächig, jedenfalls was das weniger. schild angeht. ein halbes dutzend in 90 minuten. aber ein stimmungsbild für mich in der einkaufsmeile. bald gesellen sich ein paar meter weiter zwei junge leute mit den grasgrünen shirts von brot für die welt dazu, er ein sehr schmaler, sehr grosser mensch wedelt stets mit armbewegungen wie hiess der nicht richard mit der krakenhand auf die opfer zu, nicht wenige zucken erschrocken zurück. eigentlich wollte ich ihm was sagen. von kollege zu kollege. aber als ich vorbeikomme isser doch im gespräch.
mein routenhelferlein narrt mich auf dem heimweg ein stück, führt mich noch den berg hoch nach gross sowieso und wieder daheim hab ich dann doch die fast fünfzig kilometer abgerissen und bin etwas müd. frag aber die freundlichen kommunarden, weil der ort und ihre freundlichkeit mir so gut gefallen nach, ob ich ein bischen helfen kann, am freitag. irgendwo.
und um acht finde ich mich dann unter den staatsen lindenbäumen im schönen alten hof ein. ein paar grüne kisten hinten rein in den lindenhof vito, drei leute noch in den etwas klapprigen opel und los gehts über die makellose landstrasse. das gartenland 10 kilometer weit weg, wie vieles vom pachtland, blöd, vor allem, wenns mit dem trecker hingeht. dominique, ein wirklich rastloser und gutgelaunter kenner erzählt, dass das wasser fürs bewässern des ackerlandes von den harztalsperren runterkommt, grundwasser gibts hier nicht, dass es jetzt gerade wohl reicht in den talsperren bis zum winter. was aber, wenn der winterregen nochmal so mager ausfällt wie 2019. bin gespannt, was sie dann machen, sagter.
daniel, dominique und amelie sind die fachleute, herbert, salome und ihr freund die helferlein. wir helfer pflücken bohnen (immer nur die dicksten, gibt amelie vor), geizen tomaten aus (wenn ich das richtig verstanden habe, jedenfalls haben wir überflüssige sprosse abzuknipsen), geizen gurken (dabei war meine aufgabe, die befestigungsspangen dem frischen wachstum nachzuführen) und beikräutlein hihi schuffeln, wass ich von mutters garten her noch kannte. mein resumee: als gartenbauer würde ich im ersten winter verhungert sein. möglicherweise habe ich aber andere talente. aber danke, dass ich dabeisein durfte, in die gartenwirtschaft mal reinschaun, hat spass gemacht, ihr nimmermüden, gelassenen, lustigen.
auf der heimfahrt erfahr ich von daniel, dass den kommunarden am liebsten wäre: ohne einlage rein, ohne einlage raus. was sich einfach anhört, es aber nicht ist. wo privatbesitz eine säule der gesellschaft ist… und noch ein leckres nudelabendessen auf dem lindenhof. und morgen gehts weiter nach wolfsburg, wo ich mir einen guten platz vor der autofabrik verspreche. und euch kommunarden allen meinen grossen respekt für eure tolle professionaltät und meinen herzlichen dank für eure stets gelassene, grosse freundlichkeit… kathrin, ilse, daniel, jonas, ollie, mona, kinder, amelie, dominique, jürgen. und die namenlos gebliebenen. natürlich.
p.s.: schliesslich darf ich mir vom gemüselager noch den kleinen vorrat füllen mit zuckermais, tomaten, möhren und peggy schenkt mir im hofladen noch bananen. und von ute und ete gibts die schöne gelbe aufpASSEn holzskulptur und meine neue frühstückstasse wird die assetasse vom aktivisten ete. ich bin gerührt.